Kohle
statt Atom - Das neue Feindbild -
Der dritte Weltkrieg gegen die Natur...
(von Franz Alt www.sonnenseite.com)
Bei
dieser geplanten Großen Koalition herrscht Gegenwartsversessenheit
und Zukunftsvergessenheit. Gesponsert werden überwiegend Ältere, vergessen
eher die Jüngeren. Mütter bekommen zusätzliche Rente. Aber für die
Bildung ihrer Kinder fehlt das Geld. Noch deutlicher wird die Zukunftsblindheit
bei der Energiepolitik: Die Energiewende wird ausgebremst, aber Braunkohle,
Steinkohle und Gas sind „auf absehbare Zeit unverzichtbar“ heißt es
im Koalitionsvertrag. Die 75% Ökostrom bis zum Jahr 2030, welche zu
Beginn der Verhandlungen die SPD noch forderte, tauchen im Vertrag
gar nicht mehr auf. Energiewende war früher. Jetzt ist sie zur Politik-Lyrik
verkommen.
Dieser
Koalitionsvertrag beinhaltet keine Energiewende mehr, die einst unter
schwarz-gelb als Jahrhundertprojekt gefeiert wurde, sondern allenfalls
ein Energiewende-Torso. Der Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022 bleibt
zwar wie beschlossen, aber die Kohle erfährt eine unerwartete Renaissance
– vor allem dank der SPD.
„Kohle“
statt „Atom“ könnte deshalb das neue Feindbild einer neuen Umwelt-
und Energiewende-Bewegung heißen. Am vorletzten Wochenende demonstrierten
bereits 16.000 Umwelt- und Energiewendebewegte in Berlin gegen die
geplante Energiepolitik der Großen Koalition. Danach soll der Ausbau
der Erneuerbaren gedrosselt und die Energieeffizienz vernachlässigt
werden. Die Protestbewegung gegen diese Politik erfindet sich bereits
neu, umzingelt schon mal das Kanzleramt und zeigt weniger Anti-Atom-Plakate
als früher, aber mehr Anti-Kohle-Sprüche wie „Kohle ist das Problem
von morgen“ oder „Kohle ist die Energie von gestern“. Die Demonstranten
rufen: „Keine Kohle, kein Atom – sondern nur noch Ökostrom“.
Wo früher
auf den Demonstrations-Bühnen jahrzehntelang die legendäre Anti-Atom-Sonne
strahlte, steht jetzt: „Energiewende retten“. Und das geht natürlich
nicht mit dem Klimakiller Nr. 1 Braunkohle. Über 90% der Deutschen
sind bei Umfragen für die Energiewende.
Aus der
bisherigen Anti-Atom-Bewegung wird jetzt eine Anti-Kohle-Bewegung.
Sie wird in den Jahren der Großen Koalition stärker werden und vor
allem der SPD zu schaffen machen. Deren „Fukushima“ ist absehbar.
Mit der
alten Kohlepolitik führen wir einen Dritten
Weltkrieg gegen die Natur. Wir verbrennen heute an
einem Tag so viel Kohle, Gas und Öl wie die Natur in einer Million
Tagen angesammelt hat. Und das soll Zukunft sein? Und Klimaschutz?
Und Energiewende? Die Kohleförderung wurde weltweit seit dem Jahr
2.000 um etwa 60 % gesteigert. Trotz aller Lippenbekenntnisse zum
Klimaschutz.
Die Energieversorger
sind mit ihrem alten Geschäftsmodell so lange auf die Hilfe der Politik
angewiesen wie sie nicht im großen Stil auf die Produktion von Windmühlen,
Solaranlagen und Bioenergietechnologien umsteigen. Denn eine RWE-Sonne
oder einen E.on-Wind gibt es nun mal nicht. Sonne und Wind gehören
allen. RWE und E.on haben angekündigt, viele Tausend Arbeitsplätze
abzubauen.
Immerhin
werden 2013 in Deutschland bereits 25% Ökostrom produziert, aber weitgehend
ohne die alten Strom-Oligopolisten. Sie haben schon bisher mehr Subventionen
benötigt als alle erneuerbaren Energiequellen zusammen. Diese Abhängigkeit
wird sich verstärken, aber die Erneuerbaren werden immer preiswerter.
Deren
mittel- und langfristige ökonomische Vorteile beginnen gerade zu greifen:
Sonne und Wind schicken keine Rechnung. Den Stoff gibt es umsonst.
Deshalb kommt die von Peter Altmaier so vehement geforderte Strompreisbremse
ganz von selbst: Die Gegner der Energiewende hatten noch im Wahlkampf
eine Explosion der Strompreise vorausgesagt. Und schuld seien natürlich
die erneuerbaren Energien. Diese mussten Jahre lang als Sündenbock
für die hohen Strompreise herhalten. Doch diese Zeiten gehen jetzt
zu Ende.
Weil
Sonne und Wind und Wasserkraft und Erdwärme weitgehend kostenlose
Geschenke der Natur sind und auch kaum Folgekosten verursachen, halten
inzwischen die meisten Stromanbieter ihre Preise für das nächste Jahr
stabil und garantieren diese sogar bis Ende 2014
Nun ist
in der Branche plötzlich nicht mehr vom „teuren Ökostrom“ die Rede.
In den nächsten Jahren kommt die „Ökostrom-Dividende“. Die neue Energiewende-Bewegung
wird die „Ewigkeitskosten“ der Kohle-Förderung und –Verbrennung thematisieren.
Der Anteil des Ökostroms wird weiter steigen, schon deshalb, weil
es inzwischen in Deutschland über 800 Bürger-Energie-Genossenschaften
gibt und beinahe täglich neue gegründet werden.
Trotz
Großer Koalition: Bürgerinnen und Bürger werden die Energiewende
selbst in die Hand nehmen. Der Anteil des Ökostroms wird weiter steigen,
während die alten Energieversorger ums nackte Überleben kämpfen.
Die Droschken-Besitzer
konnten im 19. Jahrhundert auch nicht den Ausbau der Autobahnen und
im 20. Jahrhundert nicht den Siegeszug des Autos aufhalten. Ebenso
wenig werden die großen vier Energieoligopole die Energiewende stoppen
können.
Die
Frage ist nur: Welche Partei versteht diese Zukunftsperspektive
am ehesten und wird Zukunft gestalten? Analog zur Computer- und IT-Technologie
werden in den nächsten Jahren die Technologien der Erneuerbaren und
deren Speichertechnologien voranschreiten. Wenn wir gut sind, werden
Deutschland und Europa in 20 bis 30 Jahren zu 100 Prozent erneuerbar.
Und der Rest wird folgen, weil technologisch niemand zurückfallen
möchte. Welch eine Chance! Aber nichts für Bedenkenträger.
Öl, Kohle,
Gas und Uran gehen rasch zu Ende, aber die Sonne scheint ewig, der
Wind weht immer und Biomasse wächst zuverlässig nach. Deshalb wird
eine intelligent gestaltete Energiewende das große Gewinnerthema von
morgen.
Schon
die nächste Generation wird vom Klimawandel stark betroffen sein.
Aber sie hat in dieser Großen Koalition nur eine schwache Lobby.
Quelle:
© Franz Alt 2013 ei